SPD Bezirkstagsfraktion zu Besuch in der Stiftung Attl

Metallarbeiter in der Inntal-Werkstätte

08. April 2019

Schritte nach vorne gehen mit den Bewohnern!

Die SPD Bezirkstagsfraktion besuchte kürzlich die Stiftung Attl und informierte sich umfassend über die Einrichtung für Menschen mit Behinderung im Landkreis Rosenheim.

Geschäftsführer Franz Hartl betonte, dass die Zusammenarbeit mit dem Bezirk von Oberbayern sehr positiv sei. Man spüre, dass für den Leistungserbringer die Qualität in den Einrichtungen eine große Rolle spiele. Die Stiftung Attl wurde 1873 als bürgerliche Stiftung gegründet und konnte nach der Beschlagnahmung durch das nationalsozialistische Regime dann im Jahre 1950 ihre Arbeit wieder als Einrichtung für Menschen mit Behinderung aufnehmen. Damals waren die Gebäude in einem desolaten Zustand, wie Hartl berichtete. Seitdem wurde die Einrichtung kontinuierlich weiterentwickelt und es gibt an verschiedenen Standorten Außenwohngruppen für Menschen mit Behinderungen auch im Seniorenalter.

So gibt es in der Zuständigkeit der Stiftung Attl rund 50 Wohngruppen für knapp 450 Bewohner. Ein Drittel der Wohnplätze befindet sich eingestreut in den umliegenden Gemeinden.

Heute umfasst die Arbeit der Stiftung Attl die Bereiche Wohnen, Lernen, Arbeiten und Pflegen. Das Pflegeheim Maria Stern in Wasserburg wird von der Stiftung Attl betrieben und auch hier gibt es die Schnittstellen zum Bezirk Oberbayern, der als überörtlicher Sozialhilfeträger für die Hilfen zur Pflege zuständig ist. In Attl gibt es außerdem eine Schule, eine Heilpädagogische Tagesstätte, offene Behindertenarbeit, Förderstätten, Integrationshorte und intensiv betreutes Wohnen. In den Inntal-Werkstätten arbeiten über dreihundert Menschen mit Behinderung. Für die Eltern werden in den Ferien entlastende Angebote durchgeführt, wie die Bezirksräte und Bezirksrätinnen erfuhren. Helga Hügenell, Fraktionsvorsitzende der SPD Fraktion zeigte sich beindruckt von der innovativen Ausrichtung der Einrichtung.

In Attl gibt es auch die Integrationsfirma Fairjob mit zwanzig Arbeitsplätzen in den Bereichen Gärtnerei, Malerei und in der Gastronomie in der Cafesitobar in Wasserburg im Bürgerbahnhof.

Im Bereich Arbeiten erläuterte Hartl den Sozialpolitikern:, “Das im Bundesteilhabegesetz verankerte Budget für Arbeit ist nicht so wirksam wie gewünscht. Es gibt wenige Menschen mit Behinderung am ersten Arbeitsmarkt.“ Die Besonderheit in Bayern sei, so Hartl, dass es in Bayern die wenigsten Werkstättengänger bundesweit gebe. Die Instrumente Fördern und Fordern greife hingegen seiner Meinung nach schon, wie er anmerkte. Elisabeth Jordan, die örtliche SPD Bezirksrätin aus Rosenheim, betonte, dass es in der Bezirksarbeit nun auch darum gehen müsse, noch mehr Anstrengungen zu unternehmen, dass Menschen aus den Werkstätten den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt schaffen können.

Kritisch merkte Franz Hartl die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes im Bereich Wohnen an. „Ich sehe für die Bewohner keinen Mehrwert, den die jetzigen Regelungen mit sich bringen. Da sind pragmatische Lösungen gefragt!“. In Attl sei für die Menschen ein Geldautomat geplant, an dem sie mit einem Chip Geld abheben können. So könne man Selbstständigkeit erleben und das sei echter Mehrwert für die Menschen mit Behinderung, zeigte sich Hartl überzeugt.

In der Diskussion stellte der Geschäftsführer der Bezirkstagsfraktion noch eine Studie vor, die die soziale Wertschöpfung für die Region belegt, die durch die Stiftung Attl stattfindet. Der Landkreis Rosenheim profitiert von der Einrichtung, weil hier Menschen leben, arbeiten, Steuern zahlen und einkaufen. Das unterstützte auch Elisabeth Jordan für die Fraktion, die fest davon überzeugt ist, dass die Bezirksumlage die die Kommunen an den Bezirk zahlen müssen, gut verwendetes Geld für die Menschen und die Region ist.

Nach einer Besichtigung der Inntal-Werkstätten mit Gärtnerei und Landwirtschaft konnten die Bezirksräte noch Einblicke in eine Intensivwohngruppe gewinnen. Petra Hageneder, Bereichsleitung der Intensivwohngruppen, erläuterte kompetent das Konzept.

In Attl gibt es seit dem Enthospitalierierungskonzept vor dreiundzwanzig Jahren intensiv betreute Wohngruppen. Heute sind dort Plätze für siebzig Menschen vorgehalten. Als Ziel nannte Hageneder, die Stabilisierung der Menschen, um in eine normale Wohngruppe umziehen zu können. In Attl habe man die Kapazitätsgrenze erreicht, nachdem vor einem Jahr vierzehn Menschen, wegen der Schließung einer anderen Einrichtung aufgenommen werden mussten. „In Attl gibt es jede Woche zwei bis drei Anfragen.“, berichtete Hageneder. Der Bezirk von Oberbayern fordere auch den Bau von weiteren Plätzen und es seien wohl noch fünfzig Plätze nötig, betonte Hageneder.

Die meisten der dort untergebrachten Personen haben einen Unterbringungsbeschluss und eine psychiatrische Diagnose. Diese Menschen fallen durch alle Raster, sind vielfach von Geburt an mit einer Behinderung beeinträchtigt, und zeigen zum Teil schwere Aggressionen. In einer Krise sind dann diese Personen in einer normalen Einrichtung nicht mehr betreubar. „Transparenz in der Arbeit, gerade auch bei freiheitsentziehenden Maßnahmen ist uns sehr wichtig! Wir wollen Aggression und Freiheitsentzug durch viel Personal vermeiden“, so Hageneder.

Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind in diesen Wohngruppen sehr hoch. So arbeiten verschiedenste Berufsgruppen hier. Wichtig sei, den Bewohnern auf Augenhöhe zu begegnen, reflektiert zu sein und die Arbeit auszuhalten, wie Petra Hageneder berichtet.

Abschließend richtete sie noch einen Wunsch an die Politiker aus dem Bezirkstag. „Für die Bewohner der Intensivwohngruppen wäre es schön, einen zweiten Lebensbereich zu haben. Hierzu habe ich bereits ein Konzept beim Bezirk von Oberbayern vorgelegt.“ Helga Hügenell versprach, dieses Konzept mit der SPD Bezirkstagsfraktion wohlwollend zu begleiten, obwohl es teuer sei und auch viel Personal verlangt.

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